Kirchenvorplatz St. Maria

Architektonisches

Über die sieben Stufen der grossen Freitreppen erreicht man den Kirchenvorplatz, der das verbindende und vorbereitende Glied ist zwischen der Aussenwelt und der Kirche. In der Mitte des Platzes, genau gegenüber dem Altar, plätschert das Wasser des Marien-Brunnens. Die schützende Geschlossenheit des Kirchenvorplatzes soll im Getriebe des modernen Lebens und des lärmigen Verkehrs einen ruhigen Bezirk der inneren Sammlung schaffen.

 

Die Geschichte des Marienbrunnens von Gottlieb Ulmi

Bericht von Josefine Ulmi-Fischer, Ehefrau des Künstlers (2007):

Für den grosszügig angelegten Vorplatz war eine Brunnenanlage mit Marienskulptur vorgesehen. Dafür wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, der auch den ortsansässigen Bildhauer Gottlieb Ulmi interessierte. Allerdings wurde er von einer Mehrheit der Kunstkommission als "zu jung, zu wenig ausgewiesen" beurteilt. Entsprechend unbefangen ging der Künstler daran, einen Entwurf zu erarbeiten.

 

Nach Wochen intensiver Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung kam der Tag der Entscheidung. Die anonym durchgeführte Bewertung der eingereichten Arbeiten unter Beizug eines externen Gutachters kam zu einem überraschenden Ergebnis. Mit zwei Gegenstimmen wurde Gottlieb Ulmis Entwurf zum Wettbewerbssieger gekürt: "Die dem Teppenaufgang zugewandte Mutter Christi weist die Gläubigen mit gütiger Gese auf ihren Sohn hin. Maria zeigt sich hier als würdige Trägerin des Erlösers, die sich in hoheitsvoller Demut und weltumspannender Mütterlichkeit der Majestät ihres bereits seiner Sendung sich bewussten Sohnes beugt."

 

Ulmis Materialvorschlag (der sehr harte Reppen-Kalkstein aus Oberitalien), die moderate Kostenberechnung, sogar der Antrag, aus Platz- und Kostengründen den tonnenschweren Steinbrocken direkt am Bestimmungsort zu bearbeiten, wurden genehmigt. "Für den Transport des 22 Tonnen schweren Felsbrockens musste vom Bahnhof Emmenbrücke bis zum Kirchenareal ein Eisenbahngeleise gelegt werden. Innerhalb von acht Monaten, vom Juni 1958 bis in den März des folgenden Jahres holte Gottlieb Ulmi ohne irgendwelche Hilfe Schlag um Schlag die "Mutter der Christenheit" aus dem Stein. In fast übermenschlicher Knochenarbeit schuf er vor Ort eine grossartige eindrückliche Mutter-Kind-Gruppe." (Zitat aus "Gottlieb Ulmi", von Miachel Riedler, S. 44-47). Ein Zelt überdachte die Arbeit und schützte sowohl vor dem Wetter als auch vor Zuschauern, die von der rhythmischen Melodie von Hammer und Meissel angelockt wurden. Als einmal ein "Ratgeber" ihm ein forscheres Tempo vorschlug, reichte der Bildhauer ihm das gewichtige Werkzeug: "Lösen Sie mich ab, nur eine Viertelstunde." Kleinlaut verzog sich der Besserwisser.

 

40 Wochen dauerte der Arbeitsprozess. Letztlich siegte eine tiefe, allgemeine Genugtuung über das gelungene, anspruchsvolle Werk. Ud es erfüllte sich, was der Juror prophezeit hatte: Das Werk wird sich in seiner Schlichtheit und Zeitlosigkeit gegen alle Anfechtungen behaupten.